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Text zu Snapshots, 2020


Für mich ist eine Fotografie immer auch ein Handlungsraum, in den interveniert werden kann. 

Ziel ist es, einen neuen Bildkörper zu schaffen, dessen Elemente für mich zwingend zusammenkommen müssen, eine intuitive Neuordnung. Dabei findet ein Prozess des Auswählens, Fragmentierens und nicht zuletzt der Zerstörung statt. 

Oft verwende ich dazu Bildmaterial aus meinem persönlichen Archiv, da durch den zeitlichen Abstand nicht nur ein anderer Blick auf Vergangenes ermöglicht wird, sondern auch auf die eigene Identität und Herkunft.

Für meine Serie Snapshots habe ich Schnappschüsse aus Familienalben ausgewählt. 

Dabei begab ich mich auf eine Reise in die Geschichte meiner weiblichen Vorfahren mütterlicherseits, die aus Siebenbürgen, Rumänien, stammen und dort in einem zutiefst religiösen und konservativen Gesellschaftsgefüge aufwuchsen, woraus sich die nachfolgenden Generationen zu befreien suchten. 

Während meine Urgroßmutter und Großmutter, wie auch ihre Freundinnen, noch ihre Traditionen in Österreich weiterlebten und in für mich als Kind seltsamen Kleidern, Schürzen sowie mit Kopftuch auftraten, kleideten sich meine Mutter und Tante als Zeichen der Abgrenzung betont modisch und weiblich und sensibilisierten diesbezüglich auch uns Kinder. 

Es war nicht nur eine modische Emanzipation, sondern im Besonderen ein Ausdruck von Freiheit und Selbstbestimmung.

In den entstandenen Collagen bestimmen Einzelteile wie Arme, Beine, Füße und Teile von Oberkörpern die Bilder. So sind neue Formationen entstanden, in denen Körperteile unterschiedlicher Personen und Proportionen aneinander gesetzt und gegenübergestellt wurden. 

Es sind Bilder für ein kulturelles Gedächtnis des weiblichen Körpers. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Bedeutung und Rolle die Gestik, die Pose sowie die entsprechende Kleidung bei der Vergesellschaftung der Frau seit jeher haben.

Die Collagen changieren zwischen Fakt und Fiktion; die Einheit von Handlung, Raum und Zeit ist gesprengt. Bei den BetrachterInnen sollen so, über das visuelle Erleben hinaus, bewusste/unbewusste Assoziationen ausgelöst werden.

Brigitte Konyen, 2020